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Ev. Kirchengemeinde Flörsheim
Wir setzen Zeichen gegen die Störung der Religionsausübung durch krankmachenden Fluglärm.

Protest gegen krankmachenden Fluglärm in der Rhein-Main-Region

07.11.2011: Die Evangelische Kirchengemeinde Flörsheim orientiert sich am Leitbild einer Zukunft, die Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung erreicht. Ein Flughafenausbau nach hergebrachten Wirtschafts- und Mobilitätsmustern verfehlt die erforderliche Nachhaltigkeit für das 21. Jahrhundert. Seit Inbetriebnahme der neuen Landebahn am Frankfurter Flughafen leiden Menschen in der Region und besonders in Flörsheim bei Landeverkehr unter krankmachendem Fluglärm.

Die Belastbarkeit des Ballungsraums Rhein-Main für Mensch und Natur ist auch durch das stete Wachsen des Flughafens erschöpft. Die ökologischen und insbesondere die gesundheitlichen Auswirkungen sind nicht mehr hinnehmbar. Die Lebensqualität der Menschen in der Region muss durch entsprechende Maßnahmen deutlich verbessert werden. Zur Bewahrung der Schöpfung, die uns von Gott anvertraut wurde, muss ein Gleichgewicht zwischen ökologischen Bedingungen und ökonomischen Interessen erreicht werden. Das beinhaltet, dass krankmachende Faktoren für den Menschen mit oberster Priorität zu vermeiden und rückgängig zu machen sind. Immer fortschreitende wirtschaftliche Expansion ist da zu Ende, wo die Erhaltung unserer Schöpfung nicht mehr gewährleistet ist.

Die Evangelische Kirchengemeinde Flörsheim sieht sich an der Seite der in der Rhein-Main-Region und unserer Stadt unter Fluglärm leidenden Menschen. Ebenso ist sie Sachverwalterin der ihr anvertrauten Menschen, besonders in den Handlungsfeldern Kinder-, Kranken- und Altenbetreuung, und sie muss ihrer Fürsorgepflicht als Trägerin einer Kindertagesstätte mit 75 Kindern gerecht werden.

Der Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Flörsheim schließt sich der Stellungnahme der Synode der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau vom Mai 2011 an und fordert deshalb:

1) Solange auf der neuen Bahn gelandet wird Einhaltung der Mediationsergebnisse und Sicherung des absoluten Nachtflugverbots auf allen Bahnen, wie es vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof angeordnet wurde

2) Absolute Minimierung des Fluglärms durch konsequentere Nutzung aller technischen Möglichkeiten, wie zum Beispiel lärmoptimierte An- und Abflugverfahren und geräuscharme Triebwerke

3) Ausweitung des passiven und aktiven Lärmschutzes sowie der Lärmschutzzonen und der Entschädigungen an die Bevölkerung für alle Kosten, die mit einem Wegzug aus den durch den Fluglärm betroffenen Gebieten verbunden sind

4) Besonderer Lärmschutz von Kindertagesstätten, Altenheimen, Krankenhäusern, Hospizen sowie Schulen, die bei Landeverkehr den Unterricht nur noch in geschlossenen Räumen abhalten dürften

5) Bundesweit gesetzlich geregelter Lärmschutz der Bevölkerung am Tag und Nachtflugverbot in der gesetzlichen Nacht von 22 bis 6 Uhr

Die Entschließung wurde mit klarer Mehrheit vom Kirchenvorstand verabschiedet. Die abweichenden Voten lehnen jedoch den Ausbau des Frankfurter Flughafens über seine beim Bau der Startbahn West geschaffene Grenze hinaus als unzumutbare Belastung der in der Region lebenden Menschen grundsätzlich ab, weil das Recht auf körperliche Unversehrtheit mit oberster Priorität kompromisslos gewahrt bleiben muss.

Flörsheim am Main, den 7. November 2011

Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Flörsheim am Main

 

Voraussetzungen für einen möglichen Klageweg schaffen

07.03.2012: Der Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Flörsheim stellt fest, dass die vom Grundgesetz geschützte ungestörte Religionsausübung im Bereich ihrer Kirchengemeinde in einem nicht erträglichen Maß durch den Lärm landender Flugzeuge des Frankfurter Flughafens gestört wird.

Deshalb hat der Kirchenvorstand bei seiner Sitzung am 6.3.2012 einstimmig beschlossen, die Kirchenleitung der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau zu bitten, Voraussetzungen für einen möglichen Klageweg einer Kirchengemeinde, eines Dekanats oder einer kirchlichen Einrichtung der EKHN nach Art 4.1.2 GG zu schaffen, damit das durch das Grundgesetz geschützte Grundrecht auf ungestörte Religionsausübung wieder gewährleistet wird.

Begründung:

Im Entschließungstext vom 7.11.2011 hat der Kirchenvorstand der Evangelischen Kirchengemeinde Flörsheim beschrieben, welchen Belastungen die Bevölkerung und das kirchliche Leben durch den zunehmenden Fluglärm seit Inbetriebnahme der neuen Landebahn ausgesetzt sind. Die Grenze des Zumutbaren ist hier deutlich überschritten.

Die Grenze der Belastung ist für uns erreicht, wenn unser Leben eng, arm und krank wird. Im Blick auf Gottes Auftrag an uns Menschen, seine Schöpfung zu bewahren, stellen wir fest: Unser Leben ist durch den zunehmenden Flugverkehr ärmer, teilweise auch krank geworden. Bei Fluglärm ziehen wir uns zurück. Wenn wir Ruhe suchen, müssen wir die Region verlassen. Viele haben das Gefühl, auch religiös nicht mehr atmen zu können. Orte innerer Einkehr gehen verloren, Kinder können nicht mehr unbeeinträchtigt im Freien spielen geschweige denn unterrichtet und auf ihre Zukunft vorbereitet werden, wo sie ihre guten Fähigkeiten und Gaben entwickeln und ethische und religiöse Werte schätzen lernen.

Das Sonn- und Feiertagsgebot als Quelle der spirituellen Erneuerung wird entwertet und verliert seine kulturhistorisch prägende Relevanz, wenn der Sonntag im Dauerlärm versinkt. Die für die Kirchengemeinde substantielle Einladung in die „Ruhe Gottes“ wird massiv belastet: Ein offenes Erleben der Schöpfung Gottes im Gemeindehof wird bei Fluglärm von vornherein verhindert oder massiv gestört.

Der für den einzelnen Glaubenden elementare Bezug zur Schöpfung Gottes als Voraussetzung für seine spirituelle Öffnung Gott gegenüber wird bei Fluglärm von vornherein verhindert. (Viele Schöpfungslieder verlieren im Dauerlärm ihre Bedeutung. Lieblingslieder der Gemeinde wie „Geh aus, mein Herz und suche Freud“ verlieren ihren Wert und ihren Sinn.)

Persönliche Gespräche im Freien als Basis kirchlichen Miteinanders werden massiv gestört. Seelsorgerliche Gespräche bei geöffnetem Fester sind nicht mehr möglich. Ungestörte Gottesdienste sind nur bei geschlossenen Fenstern möglich - im Freien nicht. Betroffen ist davon unter anderem Freiluftgottesdienste an Christi Himmelfahrt und die ökumenische Osternachtsfeier auf dem Friedhof, bei der die Botschaft der Auferstehung Christi als Kern christlichen Glaubens gefeiert wird.

Gottesdienste anlässlich von Trauerfeiern und Beerdigungen in der Flörsheimer Friedhofskapelle und auf dem Friedhof werden bis auf ihre substantiellen rechtlichen Kernelemente massiv gestört und beeinträchtigt. Der dröhnende Lärm landender Flugzeuge, die in geringer Höhe den Friedhof direkt überfliegen, stört die Besinnung auf die tröstende Botschaft der Bibel und des christlichen Glaubens, stört Gebete und Aussegnung als wesentliche Bestandteile religiöser Bewältigung von Trauer und Abschiednehmen anlässlich des Todes eines Mitmenschen.

Die von Grundgesetz geschützte ungestörte Religionsausübung wird hierbei massiv durch den Lärm landender Flugzeuge gestört.

Zusammenfassend:

Fluglärm stört und beeinträchtigt die Substanz kirchlicher Glaubenspraxis der Versammlung der Gläubigen ebenso wie die Glaubenspraxis vieler einzelner Gemeindeglieder (auch auf dem Gelände und in den Gebäuden der Kirchengemeinde). Die vom Grundgesetz geschützte ungestörte Religionsausübung muss wieder gewährleistet werden.

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